Der Krieg geht um in Europa.
Die Mächte des Westens und Ostens haben sich gegeneinader verschworen die Erde auf ein neues aufzuteilen. Kein Kriegsverbechen ist ihnen zu schade, kein Bodenschatz zu klein. Ihre Finger reichen schon längst über den vollen Tellerrand hinweg. Mehr. Die entferntesten Winkel wurden angebohrt und abgestochen, Verträge unterschrieben und Absprachen getroffen. Weder Klimawandel noch Platzmangel, Respekt noch Ehre; was nicht ihr Eigen, wird sofort in Angriff genommen. Irak, Afgahnistan, Ukraine, Palästina. Ewige Verkettung der Profitströme. Das Blut und die Freiheit. Der Krieg und die Rendite. Ein weiterer Massenmord versickert im Strom der Geschichte. Aktien, Exportgüter und Wirtschaftsschaden. Panzer, Einwegmunition und friendly-fire.
Sei nicht allein mit der Angst vor dem Krieg, schrei sie aus, atme sie ein, gib sie ab.
Die Straßenbahn
Es kamen vier Männer in meine Straßenbahn, gut gelaunt und schwer bepackt. Sie trugen 2 Bilder, beinahe so groß wie eine Straßenbahntür im nördlichen Teil Mittel-Nordhessens eben groß ist. Sie fanden ihren Weg hinein, arrangierten sich mit Platzmangel und Fahrgast, übten sich in Geduld und warteten als die Bahn nicht anfuhr. -tfffffffffffffffff-Luft strömt aus einer Weltraumkabine, das Geräusch davon, dann das Geräusch von Vaders einatmen -tvvvvvvvvvv- Die Tramfahrerin läuft auf unsere Tür zu, sie hat gerade zwei riesige Tiger darin verschwinden sehen.
„Ne. Raus.“
„Aber“
„Ne, is nicht. Sie dürfen hier nich mitfahrn.“
„Das können sie doch nicht machen, bitte. Nur zwei Stationen, kommen Sie“
„Raus oder ich hol die Hausordnung.“
„Ne, bidde nicht.“
„Hab ichs mir doch gedacht.“
„Es ist erster Weihnachtsfeiertag, lassen sie uns doch bitte mitfahren.“
„Nein und jetzt aussteigen.“
Die Tramfahrerin zeigt auf die offene Tür, kalte Luft stömt hinein. Ich finde die Bilder ganz hübsch, nicht aus künstlerischer Sicht versteht sich, es waren schließlich zwei riesige Ed Hardy Tiger, sondern weil sie das Gesamtbild der schläfrig-grauen Tram etwas veränderten, weil sie sich nicht damit zufrieden gaben zwei Stationen in der Kälte zu laufen während eine warme Tram voll netter Menschen auf sie wartete. Von den netten Menschen hat keiner was gesagt. „Es ist Weihnachten!“ rief der Mann immernoch verzweifelt als er den Schal fester Band und das Bild höher schulterte.
Von Heute auf Morgen, vom Zeitstrahl aufs Kreisdiagramm
Wo Anstrengung und Erholung sich treffen, wo alles still stand und wieder in Bewegung kommt, dort wird es einen Anfang geben. Wenn unsere Vergangenheit sich über die Schwelle hin zur Zukunft drückt und wir im Vorwärtsgehen unsere Ruhe finden, im Lauf der Dinge ein Tempo suchen. Wenn wir in einer Welt der natürlichen Konkurrenz einen gemeinsamen Rhythmus schaffen. Ein Summen, ein Kitzeln, der Hauch eines Gedanken: Gemeinschaft.
Hinter uns spiegelt sich das veraltete. Jenes was wir im Einklang hinter uns ließen, in erbitterten Kämpfen abstießen und was uns bis heute noch verfolgt. Die Vergangenheit zeigt die Zukunft doch unsere Gegenwart hält sie auf. Wahre Veränderung wäre die Gegenwart für einen Moment zu überspringen, das Vergangene der Zukunft aufzudrängen, sie zu konfrontieren.
Im Anfang der Menschheit war der Gedanke, der glückliche Gedanke auserwählt zu sein, herausgehoben aus dem Reich der Tiere und über den Dingen. Dann die Verzweiflung verantwortlich zu sein, Abartig, das Maß aller Dinge. Der 0 Punkt zwischen Instinkt und Ratio. Richtig&Falsch scheinen wir erkennen zu können, über Natur hinweg zu deuten. Das Ergebnis bereitet dann moralisches Kopfzerbrechen. Wir suchen Freiheit von den angelegten Ketten und versklaven dabei unseren Verstand. Verstand der geboren ist aus Instinkt, Vertsand der giert und streitet, Verstand der trauert und liebt. Das tierische soll uns wieder menschlich machen, das menschliche soll anders werden.
Das Menschenkind
Die Weise und die Dumme treffen sich auf einem ermüdenden Wanderweg. Sie fragen einander nach dem Weg zum jeweiligen Ziel, kommen sie ja aus entgegengesetzten Richtungen. Über den Gegangenen wussten sie bescheid, was voraus, lag im Unbekannten. Belehrt gingen sie auseinander und trafen sich im Ziel wieder, verwundert hielten sie einander die Tür auf und trafen auf ihre Gastgeber. Zu tausenden laufen die Weisen und die Dummen auf den Wegen um Gäste zu werden, beschreiben sich den Weg nur um nicht mehr Reisende zu sein.
Titel
Jede Zeit hat ihren Schmerz, einen Schmerz den keine andere nachempfinden kann. Was schlimmer sein mag, tödliches Überleben in der Natur oder Tagelöhnerei in der Stadt, ob Hungersnot oder Krieg, diktatorischer Firlefanz oder parlamentarischer Mummenschanz. Die Schmerzen der Epochen zu vergleichen ist unmöglich doch unsere Zeit sticht nunmal krass heraus [naiv]. Nicht weil alles im höchsten je gemessenen Level ist, nicht weil der Druck der Geschichte so groß und das Vakuum der Zukunft so leer ist. Es gibt einen qualitativen Unterschied, wir sind vernetzt, der sichtbare Teil eines Ganzen.
Steinmetz und Gärtner
In meiner Pädagogikausbildung haben sie uns von dem Gärtner und dem Steinmetz erzählt. Der eine formt und hat nur das Gedeihen der Pflanze in ihrer einigermaßen natürlichen Form im Sinne. Der Steinmetz im Gegensatz hat ein abschließendes Ziel, eine Vision, und haut drauf los, nimmt ab was nicht passt und perfektioniert seine Kreation.
Meine Eltern haben mich zu einer gedeihenden und blühenden Pflanze gebracht. Ich bin ihnen dankbar dafür. Den Steinmetz lernte ich nie kennen. Aber er ist weder überflüssig noch ein Unhold, er ist wer er ist und ich wer ich bin. Und ich will mehr Steinmetz sein, will einfach mehr sein. Nach Innen gewandert hat er ohne Ausblick nie gelernt zu hauen und zu verfolgen, zu perfektionieren und zu formen.
Wäre ich der Stein meiner Eltern, ich müsst Florist werden. Und jetzt, im Jahr 2024, bin ich ein Blauregen der vor sich hin wächst, wirr, zerschneidbar, schön. Lass mich ein Steingarten werden, lass mich viel sein. Lass mich an mir herumhauen und feilen, etwas düngen, etwas Liebe. Lass mich machen und lass mich es nicht lassen.